22.Juni 2018

Neue Wohn-Gemeinnützigkeit
– Alternative für Göttingen?

Mit einigen Erwartungen hatte die Ratsfraktion, unterstützt vom kommunalpolitischen Arbeitskreis und den Grobianen aus Grone, diese Veranstaltung vorbereitet und durchgeführt: Es sollte ein Auftakt für eine überparteiliche Diskussion zur Frage „bezahlbaren“ Wohnraums werden.

Dazu war zunächst Hendrik Falkenberg aus Göttingen, Mtglied des Ortsrates Grone eingeladen, der sich mit dem städtischen Kommunalen Handlungskonzept zur Schaffung und Erhaltung bezahlbaren Wohnraums beschäftigt hatte. Dieses Konzept ist z.Zt. die ultimative Antwort des Rates und der Verwaltung, dem Thema in Göttingen etwas Konturen zu verleihen.

Falkenberg stellte das Konzept kurz vor und verwies sehr schnell auf die darin enthaltenen Widersprüche: So geht die Stadt – anhand des GEWOS-Gutachtens - davon aus, dass in den kommenden Jahren mit einem Zuzug nach Göttingen von etwas mehr als 200 Menschen pro Jahr geben wird. Die Realität der letzten fünf Jahre aber hat gezeigt, dass es über 1.000 Menschen pro Jahr sind, die, neu in der Stadt, eine Wohnung suchen.

Vor allem aber setzte er sich mit den Ausnahmen bei der so genanten Quote auseinander, die ja den vielbeschworenen Anteil von 30 % „bezahlbarer“ Wohnungen bei Neubauten festschreiben: Wo mehr als 10 % TranferleistungsbezieherInnen (Hartz IV, Grundsicherung und Wohngeld) wohnen, kann diese Quote ausgesetzt werden. Das bedeutet für Grone z.B., dass hier – bei Neubau der Adler Real Estate AG - keinerlei preisgünstiger Wohnraum geschaffen werden muss, da dieser Anteil übererfüllt ist. In der Konsequenz: Gentrifizierung dieses Stadtteils (Vertreibung ärmerer Bevölkerungsschichten).

Als zweiter Referent war Jan Kuhnert aus Hannover, Vorstandsmitglied der 'Wohnraumversorgung Berlin – Anstalt öffentlichen Rechts' eingeladen, der zum Thema Gemeinnützigkeit beim Wohnungsbau - Darstellung und Vision gemeinnütziger Gesellschaften, Vereine und Stiftungen referierte und diskutierte.

Kuhnert stellte zunächst weitgehende Beispiel aus Berlin vor, wo sechs kommunale Wohnungsbaugesellschaften mit der Mehrheit der kommunalen Mandatsträger eine wesentlich weiter gefasste Quote für geringverdienende MieterInnen erfüllen, als dies in Göttingen der Fall sein soll. Und er konnte berichten, dass dies den Unternehmensbilanzen keineswegs schadet.

Er griff aber auch in die Diskussion zur Göttinger Situation ein und machte deutlich, dass hier die – ebenfalls in Berlin angewandte Methode – Milieuschutzsatzungen eine Möglichkeit biete, bezahlbaren Wohnraum zu erhalten. So kann in derartigen Satzungen vereinbart werden, dass z.B. bei Verkauf von Mietwohnraum zukünftig weder eine Umwandlung in Eigentumswohnungen, ein Einbau die Miete verteuernder Elemente (z.B. Fahrstühle) noch die Aufteilung in kleinere Mieteinheiten erlaubt ist. Wenn dies vom neuen Eigentümer abgelehnt wird, macht die Kommune von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch.

Die Veranstalter machten deutlich, dass sie mit genau diesem Thema nach der Sommerpause die Diskussion weiterführen wollen.

Fazit: Ein mehr als wertvolle Veranstaltung mit einer Reihe von Anregungen auch für Göttingen. Nur ließ der Besuch der Veranstaltung mehr als nur zu wünschen übrig: Zwar waren etliche Gäste aus dem studentischen Milieu, die um ihre Wohnungen mit dem Studentenwerk kämpfen und auch aus Grone anwesend. Leider aber waren die kommunalpolitischen Akteure aus dem Rat und dem Kreistag überhaupt nicht anwesend, so dass eine wirklich überparteiliche Diskussion leider nicht begonnen werden konnte.

 

 

 

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